Dortmund. Ab dem 30. April wird das analoge Satellitenfernsehen abgeschaltet. Doch selbst wenige Tage vor der Deadline ist von Torschlusspanik kaum etwas zu spüren. Die meisten Menschen sind gut gerüstet.
Vermutlich wäre nicht einmal der Weltuntergang in einem solchen Maße angekündigt worden. „Handeln Sie rasch!“, heißt es in warnenden Großbuchstaben rund um die Uhr auf allen Fernsehkanälen, und man solle sich „schnellstmöglich“ kümmern. Auch die Medien berichten seit Wochen immer und immer wieder, von allen Seiten wird man förmlich angeschrien mit den Worten: Die Uhr tickt!
Doch trotz der apokalyptischen Stimmung steht uns nicht der Untergang der Welt bevor – sondern bloß der des analogen Satellitensignals: Wer jetzt noch nicht auf Digital-TV umgestellt hat, sieht ab Montag nur noch Schwarz.
Wahrscheinlich ist es vor allem dieser penetranten Ankündigungstaktik zu verdanken, dass selbst in den letzten Tagen vor der endgültigen Deadline kaum etwas von Torschlusspanik zu spüren ist.
Diese Erfahrung hat zumindest Vitali Karsten gemacht. Und er muss es wissen. Seit 16 Jahren ist er als Fernsehtechniker in Dortmund unterwegs, für den Drei-Mann-Betrieb „P & R Elektronik“ rüstet er seit gut zehn Jahren TV-Geräte auf digitalen Empfang um. So lange gibt es die digitale Technik nämlich schon. Die erste richtige Umrüstungswelle kam aber erst, als die Medien anfingen, intensiv über das so genannte „Digital-Ultimatum“ der deutschen Fernsehsender zu berichten.
Seitdem stehen mindestens doppelt so viele Umrüstungen im Terminkalender des Technikers; vor allem in den letzten Wochen war dies eine der Hauptaufgaben der Fernsehtechniker des Landes. Mittlerweile hat sich ein Großteil der Menschen bereits gut darauf eingestellt, wie Fachbetriebe landauf, landab berichten. Dennoch gibt es auch Ausnahmen. Doris Siegel zum Beispiel ist noch nicht gerüstet für das analoge Ende. Sie ist die Erste, an dessen Tür Vitali Karsten an diesem Morgen klingelt. Der Auftrag? Na klar: Umrüstung.
„Wissen Sie, ich schaue so gut wie nie fern“, sagt Doris Siegel, „deshalb habe ich mich lange Zeit nicht darum gekümmert“. Als aber der Fernsehsender Arte irgendwann die Hinweistafel mitten durchs Bild laufen ließ, sei es selbst ihr zu nervig geworden.
Das eigentliche Werk ist relativ flott getan: Vitali Karsten überprüft die vorhandenen Kabel und Verteiler, erklärt dann kurz, was er vorhat, hopst flink auf die Fensterbank und verschwindet auf dem Dach. Hier oben tauscht er das Empfangsteil der Satellitenschüssel aus, das sogenannte LNB, kommt wieder rein und verbindet die Kabel neu. Fertig. Danach testet er die Qualität des Empfangs, schließt den neuen Digital-Receiver an, stellt die Sender ein und erklärt die Fernbedienung. All das tut er mit bemerkenswerter Geduld. In aller Seelenruhe beantwortet er fröhlich jede Frage und wirkt dabei fast ein bisschen wie ein Grundschullehrer, der seinen Schülern Schritt für Schritt ein hochkomplexes Problem erklärt. Nach knapp einer Stunde ist auch Frau Siegel bereit für die digitale Fernsehwelt.
Für Vitali Karsten ein Routineeinsatz. „Einfamilienhäuser umzurüsten, ist in der Regel kein großes Problem“, sagt er. Sechzig bis siebzig Prozent der Aufträge seien solche Fälle. Schwieriger werde es bei größeren Häusern mit mehr Anschlüssen. Bei Hotels zum Beispiel oder großen Mietshäusern. „Dann muss man in jede Wohnung rein, neue Leitungen legen und viele Kabel austauschen“, sagt er. Das koste zwar Zeit, doch nur selten dauere die Arbeit länger als zwei Tage.
Verband bestätigt Erfahrungen vor Ort
Dann allerdings, wenn die Gefahr besteht, dass der Fernseher zum Beginn der Lieblingsserie noch nicht angeschlossen ist, können die Menschen durchaus nervös werden. „So weit kommt es aber meistens nicht“, sagt Techniker Karsten, packt seine Tasche und fährt zum nächsten Kunden. Der Auftrag? Genau.
Dieter Wiermann, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Elektro- und Informationstechnische Handwerke in Nordrhein-Westfalen, kann Vitali Karstens Erfahrung bestätigen. Die Abschaltung des Signals sei so intensiv angekündigt worden, „das kann eigentlich an keinem vorbeigegangen sein“, sagt er. Deshalb hätten auch ihm die Fachbetriebe nichts von Torschlusspanik berichtet.
Einmal könnte es in diesem Jahr aber noch hektisch werden. Denn in den kommenden Monaten wollen viele Sender auch in hochauflösendem HD (High Definition) senden, mehr als 50 HD-Kanäle soll es bis zum Ende des Jahres geben. Um die zu empfangen, muss man auf die geeignete Technik umrüsten. Doch keine Sorge, es wird mit Sicherheit rechtzeitig angekündigt.
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