Bewerber klagt

Zu muskulös für den Polizeidienst?

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Foto: WR

Schwelm. Sebastian Weber will Polizist werden. Darf er nicht, sagt das Land NRW. Er sei zu dick. Jetzt zieht der 25-Jährige Schwelmer vor Gericht und lässt dort die Muskeln spielen. Denn Weber ist überzeugt: Er ist nicht zu fett, sondern zu fit.

Als Sebastian Weber im November letzten Jahres seine Bewerbung um eine Ausbildungsstelle bei der Polizei abschickte, da war er noch guter Dinge. Wirtschafts-Fachabitur, das Sportabzeichen und den Rettungsschwimmer-Schein in der Bewerbungsmappe und auch alle anderen Voraussetzungen erfüllt – da sollte nichts schiefgehen. Seine besonders hohe sportliche Fitness dürfte ihm vielleicht sogar noch als Pluspunkt angerechnet werden. Dachte Weber.

"Kein Unterschied, woher das Gewicht kommt"

Und traute seinen Augen nicht, als er einige Wochen später ein Ablehnungsschreiben vom Landesamt für Ausbildung der Polizei in Nordrhein-Westfalen bekam. „Wegen eines deutlichen Übergewichts mit einem Body-Mass-Index von 28,7” stellte der polizeiärztliche Dienst darin fest, sei Weber für den Polizeidienst untauglich. Andere Ablehnungsgründe gab es nicht – lediglich die Überschreitung des BMI von 27,5 wurde als „Fehler” angeführt, der eine Einstellung ausschließe.

Der Body Mass Index (BMI) ist eine Messzahl zur Bewertung des Gewichts. Er berechnet sich aus dem Gewicht, geteilt durch die Größe im Quadrat. „Dabei wird in dieser Formel überhaupt nicht unterschieden, woher das Gewicht kommt”, erklärt der renommierte Ernährungswissenschaftler Prof. Olaf Adam vom Walther-Straub-Institut der Uni München. „Arnold Schwarzenegger hatte mit 30 Jahren einen BMI von 30 – das lag an seinem muskulösen Körperbau. Mit 60 hat Schwarzenegger immer noch einen BMI von 30 – jetzt ist aber eher Arnis Schmerbauch der Grund”, macht Adam klar, dass der Index nicht das Maß aller Dinge sein kann.

Nicht zu dick - nicht zu dünn

Aber offenbar noch ist. So schreibt die Polizei vor, dass Bewerber einen BMI größer 18 haben müssen und kleiner 27,5. „Wir wollen weder Bewerber, die zu schmächtig sind, noch wollen wir übergewichtige”, erläutert Wolfgang Beus vom Innenministerium des Landes NRW.

Doch weil der BMI nicht unterscheiden kann zwischen Muskelmasse und der Menge an Körperfett hätte das Land sich zumindest einmal den Polizeidienst-Bewerber Sebastian Weber ansehen müssen, klagt dessen Anwalt Thilo Heuser. Weber ist 1,84 Meter groß und 98 Kilo schwer. Der daraus resultierende BMI seines Mandanten sei aber keine Folge von Fettleibigkeit, Pölsterchen und Wampe – sondern Ergebnis eines durchtrainierten Körpers voller Muskeln.

"Ich würde akzeptieren, wenn ich nicht fit genug wäre"

Das bescheinigte auch ein ärztliches Attest, das Weber nach der ersten Ablehnung an die Polizei schickte. „Einen hochmuskulösen athletischen Körperstatus” weise er auf, bescheinigt der Arzt. Von „Adipositas, die aus internistischer Sicht der Teilnahme an einer Eignungsprüfung für den Polizeidienst entgegenstehen” keine Spur.

Auf das Landesamt für die Polizeiausbildung machte das jedoch keinen Eindruck – dort blieb man bei der Ablehnung. Ohne sich den Bewerber zumindest mal angesehen zu haben, was den jungen Mann aus Schwelm besonders ärgert. „Wenn bei einer polizeiärztlichen Untersuchung festgestellt worden wäre, ich sei nicht fit genug, hätte nicht genug Ausdauer – dann würde ich das ja akzeptieren”, sagt Weber, der regelmäßig Fußball und Basketball spielt, joggt und im Fitnessstudio trainiert. Aber ihn ohne Ansehen der Person abzulehnen, das will er nicht akzeptieren.

„Das ist schon ein kurioser Fall”, glaubt Anwalt Thilo Heuser – und rechnet sich gute Chancen vor Gericht aus. Mittwoch wird am Arnsberger Verwaltungsgericht verhandelt. Und dann wird er gemeinsam mit seinem Mandanten die Muskeln spielen lassen – juristisch, versteht sich.

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