Witten/Herdecke. Die Nachricht wird manche junge Eltern beruhigen: Ein neuer Schnuller verhindert Zahnfehlstellungen bei kleinen Kindern. Zahnmediziner der Universität Witten/Herdecke hatten den neuentwickelten Nuckel in einer klinischen Studie an 121 Kindern getestet.
Während entnervte Eltern die beruhigende Wirkung der Schnuller schätzen – Amerikaner nennen ihn nicht von ungefähr „pacifier“ (Friedensstifter, Babytröster) – wird er von Gegnern verdammt und in die Nähe einer Droge gerückt. Schnullern macht abhängig, verhindert Kinderlächeln und führt zu dauerhaften Zahnschäden. Die amerikanische Therapeutin und Still-Befürworterin Diane Wiessinger rät Müttern sogar: “Verwenden Sie ihn vorsichtig“, als ob die Tagesdosis das Gift mache.
Wissenschaftler um Professor Dr. Stefan Zimmer vom Lehrstuhl für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin der Wittener Uni haben nun nachgewiesen, dass eine bestimmte Schnullerform den gefürchteten frontal offenen Biss verhindert. Nuckeln übt Druck auf Kiefer und werdendes Milchgebiss aus und gilt in mehr als 50 Prozent der Fälle als Ursache für spätere Zahnfehlstellungen. Beim offenen Biss kommen die Schneidezähne von Ober- und Unterkiefer nicht zusammen, „die Kinder können eine Salzstange durch die geschlossenen Zähne schieben“, sagt Zimmer. Der neue Nuckel ist hinter dem Schild dünner und z-förmig gestaltet und „schlängelt“ sich nach Erkenntnissen der Wittener Forscher besser durch die Zähne.
Weniger Fehlstellungen der Zähne
Untersucht wurden 121 Kinder ab der Geburt bis zu einem Alter von 16 Monaten. Aufgenommen in die Studie wurden nur Kindern ohne Kieferdefekte, eingeteilt in drei Gruppen. Eine Gruppe bekam den neuen Z-Schnuller, die zweite einen Standard-Sauger, in der (dritten) Kontrollgruppe befanden sich nur Kinder, die nicht nuckeln, „auch nicht am Bettzipfel oder am Daumen“, sagt Zimmer. Bei diesen Kindern wurden keine Fehlstellungen gefunden, während 38 Prozent der Normalschnuller-Kinder einen offenen Biss aufwiesen. In der Z-Schnuller-Gruppe waren es fünf Prozent.
Die Studie wurde für den Hersteller des Schnullers durchgeführt, der die neuartige Form wissenschaftlich testen lassen wollte. Zimmer betont, dass die Förderung durch das Unternehmen „keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie“ gehabt habe. Die wissenschaftliche Korrektheit erfordere auch die Nennung der Firma, anderenfalls hätte es – fälschlicherweise – wie eine selbstinitiierte Forschung ausgesehen. Die Untersucherin, eine Doktorandin Zimmers, war „verblindet“, sie wusste nicht, welchen Schnuller das jeweils untersuchte Kind benutzt hatte. „Auch die Eltern waren instruiert, nichts zum Schnuller zu sagen“, erklärt Zimmer.
Bis zum vierten
Geburtstag abstellen
Nach Angaben des Schnullerherstellers entwickeln 35 Prozent aller Vierjährigen eine Zahnfehlstellung, die später kieferorthopädisch korrigiert werden müsse. Die Wittener Studie zeige aber auch, dass längst nicht alle Schnullerkinder eine Fehlstellung entwickelten, sagt Stefan Zimmer. „Wenn ein Kind schnullert, sollte man es ihm bis zum vierten Geburtstag abgewöhnen. Wenn sie weiter schnullern, ist der Schaden umso größer.“ Besser als ein Schnuller sei im übrigen der Daumen. „Er hat den Vorteil, dass er beim Spielen nicht zum Nuckeln benutzt werden kann. Ein Schnuller aber bleibt beim Spielen im Mund.“
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: WR-Info