Gift-Gebäude

PCB-Alarm an der TU Dortmund für 350 Mitarbeiter

| Lesedauer: 3 Minuten
PCB-Alarm an der TU Dortmund. Auf dem Campus Süd fallen zwei giftbelastete Geschossbauten.

PCB-Alarm an der TU Dortmund. Auf dem Campus Süd fallen zwei giftbelastete Geschossbauten.

Foto: Ralf Rottmann

Dortmund. Ab sofort können die rund 350 Uni-Mitarbeiter in den mit krebserregendem PCB belasteten Bauten IV und V auf dem Campus Süd ihr Blut untersuchen lassen – einmal jährlich, kostenlos und anonym. Mit diesem Schritt reagierte die Hochschulleitung am Montag auf den WR-Bericht über die erhöhten Giftwerte in den Gebäuden und bei Langzeitbeschäftigten.

PCB-Alarm an der TU Dortmund: Zwei Gebäude auf dem Campus Süd sind mit dem krebserregenden Gift belastet. In der Raumluft und im Blut von langjährigen Mitarbeitern fanden sich erhöhte PCB-Konzentrationen. Rund 350 betroffenen Beschäftigten bietet die Hochschule jetzt kontinuierliche Blutuntersuchungen an – einmal pro Jahr, kostenlos und anonym.

Seit 15 Jahren ist das Gift-Problem bekannt, geht das PCB-Gespenst an der TU um. Jetzt spitzt es sich zu. Im Reich der Maschinenbauer und Informatiker sowie im Rechenzentrum der Uni wiesen Raumluftmessungen derart hohe Giftkonzentrationen nach, dass nur noch der Abriss der Gebäude bleibt. Messungen wiesen in der Spitze mehr als 2800 Nanogramm PCB pro Kubikmeter Raumluft nach. Ab 3000 Nanogramm müssten Gebäude sofort geräumt werden. Die belasteten Gebäude sollen abgerissen, zwei Neubauten hochgezogen werden. Geplante Fertigstellung: Herbst 2013. Kosten: 40 Millionen Euro. „Das ist beschlossene Sache“, bestätigt Helmut Heitkamp, Chef des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) NRW in Dortmund.

35 Langzeitbeschäftigte betroffen

Das Gift entweicht vornehmlich aus Fugendichtungen. Und es zirkuliert schon im Blutkreislauf einiger Mitarbeiter. Das belegen Befunde von 35 Langzeitbeschäftigten. Die WR kennt einen Wert, der achtfach über dem der Normalbelastung liegt. Das müsse noch nicht die Spitze sein, warnt der Aachener PCB-Experte Prof. Dr. Thomas Kraus, Chef des Untersuchungsprogramms im Envio-Giftskandal.

Nachdem im Blut von 35 langjährigen Uni-Mitarbeitern zum Teil erhöhte PCB-Mengen gefunden wurden, stehen nun allen 350 Beschäftigten jährliche Bluttests offen. Den Betroffenen versprach die Hochschulleitung gestern eine intensivere Kommunikation und regelmäßige Informationen. „In aller Offenheit“ solle das Gift-Thema behandelt werden.

Verharmlosung?

Das hatten einige jahrelang vermisst. Eine Ex-Beschäftigte beklagt nicht nur „halbherzige Maßnahmen“ wie häufiges Stoßlüften und regelmäßige Reinigungen von Böden und Möbeln. Sie äußert auch den Verdacht, das PCB-Problem sei bewusst verharmlost worden. Eine „Betriebsanweisung“ für das „Verhalten der Beschäftigten“ in den giftbelasteten Bauten aus dem Jahre 2008 könnte tatsächlich den Eindruck vermitteln. Denn die Anleitung nennt „die Nahrung“ als „Hauptquelle der Belastung“ – nicht etwa die Giftkonzentrationen in den Räumen. Die Botschaft: „Schwangere und Stillende sollten erstmal ihre Ernährung umstellen“ – ungeheuerlich sei das, sagt die Kritikerin.

Die Anweisung sei „wohl vertretbar, aber nicht glücklich“ ausgefallen, räumt Holger Bielen vom Personalrat der Nichtwissenschaftler ein. Eine mögliche Erklärung: Vielleicht seien die Ratgeber zum Thema PCB damals „selbst nicht so ganz im Bilde“ gewesen. Immerhin: Die Nichtwissenschaftler schlossen damals noch eine „Dienstvereinbarung zum Schutz vor PCB-Belastungen in den Gebäuden IV und V“ mit dem Kanzler der TU ab. Der Personalrat der wissenschaftlichen Mitarbeiter sah dazu „keine Notwendigkeit“, wie Vorsitzender Günter Krüger bestätigt. Was zähle, sei eine einheitliche PCB-Richtlinie. Eine formale Festlegung „lohnt nicht“.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Dortmund