Gütersloh/Warburg. Er wünscht sich eine syrische Demokratie, doch vor der Revolution und ihren Folgen fürchtet er sich. Deswegen steht Julius Hanna Aydin, Bischof der syrisch orthodoxen Kirche in Deutschland fest hinter Assads Regime. Nahostexperte Jochen Hippler hält das für bedenklich.
Er wünscht sich eine syrische Demokratie, doch vor der Revolution und ihren Folgen fürchtet er sich. Deswegen steht Julius Hanna Aydin, Bischof der syrisch orthodoxen Kirche in Deutschland fest hinter Assads Regime. Nahostexperte Jochen Hippler hält das für bedenklich.
Der Bischof aus Warburg fürchtet, dass nach einer erfolgreichen Revolution radikale Islamisten das Ruder in die Hände nehmen könnten. „Das wäre das Ende der Christen und aller Minderheiten in Syrien“, sagt Aydin. Dieses Blutvergießen sei „schmerzhaft und ungerecht“. Doch er fürchte einen Scharia-Staat – der seiner Auffassung nach dem Sturz der Diktatur folgen könnte – mehr als Assads blutiges Regime. Auch der Sturz des Hussein-Regimes im Irak habe schließlich fatale Folgen für die irakischen Christen mit sich gebracht, sagt der Geistliche: Nach Angaben der dortigen Kirche mussten bereits 700 000 Christen aus ihrer Heimat fliehen.
Natürlich sei eine Diktatur falsch. Doch Assad toleriere alle Minderheiten, ob Christen, Kurden oder Aleviten. „Solange sie ihm treu sind, werden sie nicht verfolgt“, sagt der Bischof. In keinem anderem arabischen Staat gehe es den Christen so gut wie zurzeit in Syrien.
Tatsächlich beobachtet auch der Duisburger Nahostexperte Jochen Hippler teilweise antichristliche Gewalt in der muslimischen Bevölkerung. Unstabile Verhältnisse nach dem Sturz des Regimes könnten radikalen muslimischen Gruppierungen wie den Salafisten in die Hände spielen, sagt Hippler. Auf der anderen Seite sieht der Experte jedoch auch starke demokratische Tendenzen unter den Revolutionären.
Der Syrier Sulaiman Koureia ist überzeugter Demokrat, er widerspricht seiner Kirche. Als politischer Flüchtling kam Koureia schon 1997 nach Gütersloh. Bis heute gehört er der demokratischen Volkspartei von Syrien an. „Viele meiner Parteifreunde sind politische Gefangene des Regimes, Assad lässt sie foltern und misshandeln“, erzählt Koureia. Zwar schätze der Oppositionelle besonders als Christ, dass Assad zwischen den verschiedenen syrischen Ethnien keine Unterschiede mache. Doch das einzig Richtige sei die Demokratie. Nicht nur deswegen sei es falsch, dass sich der Bischof auf Seite des Regimes stellt: „Jetzt noch findet die Kirche Schutz unter Assad. Doch Regime vergehen und Völker bleiben“, sagt Koureia. Der Gütersloher glaubt, dass sich Muslime nach dem Sturz des Regimes an den Christen rächen werden, dafür, dass die Kirche auf Assads Seite stand. Der Bischof solle sich besser neutral geben.
Auch Professor Jochen Hippler sieht eine große Gefahr im „taktischen“ Vorgehen der syrisch orthodoxen Kirche. Durch ihr Verhalten ziehe sie die Wut der Muslime auf sich, das könne unbeteiligten Christen zum Verhängnis werden. Auch Hippler spricht sich für ein neutrales Auftreten der syrischen Kirche aus.
Einen Scharia-Staat befürchtet Koureia im Gegensatz zum Bischof nicht. „Nach dem Sturz des Regimes werden sich die radikalen Muslime mäßigen“, sagt er. Eine Aussage, die Hippler wiederum als „blauäugig“ bezeichnet. Sicher sei der extremistische Islam durch das Regime und seine Gräueltaten gefördert worden. „Doch mit einem Sturz Assads wird der Extremismus nicht per Knopfdruck abgeschaltet werden“, sagt Hippler. Schon jetzt seien Übergriffe auf die alevitische Minderheit zu beobachten.
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