Nachhaltigkeit

Vegane Lebensmittel: Wo sich tierische Zutaten verstecken

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Für vegane Lebensmittel, im Bild Schnitzelbrötchen aus Soja von einer veganen Fleischerei in Dresden, fehlen rechtsverbindliche Definitionen. Verbraucherschützer wünschen sich eine klarere Kennzeichnung.

Für vegane Lebensmittel, im Bild Schnitzelbrötchen aus Soja von einer veganen Fleischerei in Dresden, fehlen rechtsverbindliche Definitionen. Verbraucherschützer wünschen sich eine klarere Kennzeichnung.

Foto: dpa

Essen.  Was ist wirklich vegan, was vegetarisch? Eine Lücke im Gesetz lässt viele Verbraucher im Supermarkt hilflos zurück. Was sie wissen sollten.

  • Etwa zwei Prozent der Bevölkerung bezeichnen sich als Veganer, zehn Prozent als Vegetarier
  • Es gibt keine rechtsverbindliche Definition der Begriffe "vegetarische" und "vegane Lebensmittel"
  • Veganer können sich beim Einkauf an Gütesiegeln orientieren, der Blick auf die Zutatenliste aber hilft nicht immer

Bereits zum zehnten Mal soll der Veganuary Menschen dazu bewegen, einen Monat lang auf tierische Produkte zu verzichten. Hinter veganer Ernährung steht der Wunsch, möglichst ethisch und nachhaltig zu leben. Das Motiv: Fleisch und Milch aus Massentierhaltung belasten das Klima, und für rein pflanzliche Produkte müssen keine Tiere sterben. Doch welche Lebensmittel sind wirklich vegan? Wo lauern versteckte Zusatzstoffe tierischen Ursprungs? Wir erklären, was Verbraucher wissen müssen.

Allensbach: 1,58 Millionen Veganer, 7,9 Millionen Vegetarier

Laut einer Analyse des Allensbach-Instituts bezeichnen sich mittlerweile 1,58 Millionen Menschen in Deutschland (zwei Prozent der Bevölkerung) als Veganer, 7,9 Millionen Menschen (zehn Prozent) ernährten sich 2022 vegetarisch.

Die Krux: Eine Gesetzeslücke erschwert es Verbraucher, rein pflanzliche (vegane) und vegetarische Produkte auf Verpackungen zuverlässig zu erkennen. Denn bislang gibt es in Deutschland für Lebensmittel keine gesetzliche Definition der Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“.

Problem für Veganer: Leitsätze sind rechtlich nicht bindend

Es gibt jedoch Leitlinien bei der Kennzeichnung, nach denen sich Veganer richten können. Auf diese grundsätzlichen Punkte hatten sich die Verbraucherschutzminister der Bundesländer 2016 geeinigt. Sie wurden als Leitsätze ins Deutsche Lebensmittel übernommen. „Die Leitsätze sind rechtlich nicht bindend und wie Sachverständigengutachten zu verstehen, die die allgemeine Verkehrsauffassung darstellen“, erklärt Elisabeth van Thiel, Ernährungs-Expertin bei der Verbraucherzentrale NRW. "Daher werden diese bei rechtlichen Auseinandersetzungen aber durchaus einbezogen."

Was also ist vegan, was vegetarisch? Die Verbraucherzentrale NRW fasst die im Deutschen Lebensmittelbuch veröffentlichten Definitionen so zusammen:

  • Vegan: Als vegan und vegetarisch gekennzeichnete Lebensmittel dürfen keine Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe, Trägerstoffe, Aromen, Enzyme), Verarbeitungshilfsstoffe und vergleichbare Stoffe enthalten, die tierischen Ursprungs sind
  • Vegetarisch: Zusätzlich dürfen als vegetarisch bezeichnete Lebensmittel Milch, Kolostrum, Farmgeflügeleier, Bienenhonig, Bienenwachs, Propolis und Wollfett enthalten, sowie Produkte daraus

Eine erste Orientierung im Supermarkt: Label

Wer im Supermarkt nach veganen oder vegetarischen Lebensmitteln sucht, kann sich als erste Orientierungshilfe nach Gütesiegeln richten, empfiehlt die Verbraucherzentrale. Die Kennzeichen werden nicht von staatlichen Institutionen vergeben, beinhalten aber europaweit einheitliche Kriterien.

Das V-Label

Das Verbrauchern wohl vertrauteste Logo ist das V-Label, das von der Europäischen Vegetarier-Union (EVU) entwickelt wurde. Es gibt ein Label für vegane und eines für vegetarische Produkte. Lebensmittel, die das V-Label tragen, dürfen für die Verarbeitung keine der folgenden Zutaten oder Hilfsstoffe enthalten:

  • Tierfleisch (Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte)
  • Zutaten, die aus Fleisch oder Knochen hergestellt werden (in Suppen, Saucen oder Zubereitungen)
  • Tierische Fette (Ausnahme: Butterfett), Bratfette oder Margarine, die Fischöl oder ähnliche Produkte enthalten, zum Beispiel in Kuchen, Aufläufen, Pasta, zum Backen und Braten, zum Einfetten der Backbleche und Büchsen oder irgendeiner anderen Verwendung
  • Gelatine, Aspik, Geliermittel tierischer Herkunft
  • Gelée Royale (spezielles Bienenprodukt)
  • andere Produkte, die Zutaten aus Schlachtabfällen enthalten
    Quelle: www.verbraucherzentrale.nrw

Die Kriterien des V-Labels entsprechen den Leitlinien des Deutschen Lebensmittelbuches. In einigen Punkten gehen die Standards des V-Labels über die Leitsätze hinaus. Eier etwa dürfen nicht aus Käfighaltung stammen, ihre Herkunft muss schriftlich nachgewiesen werden. Gentechnisch veränderte Produkte dürfen das "V" ebenfalls nicht tragen. Honig ist lediglich in vegetarischen Produkten erlaubt.

Vorgesehen sind auch Kontrollen, die stichprobenartig oder unter Umständen unter Einschaltung eines unabhängigen Prüflabors stattfinden können.

Das EcoVeg-Logo

Das EcoVeg-Logo kennzeichnet vegane Lebensmittel in Bio-Qualität. Dieses vegane Logo wurde 2015 von dem Verein VegOrganic e.V. entwickelt. Diese Zusammenschluss von Fachleuten aus der Biobranche setzt sich für eine transparente und unabhängige Kontrolle veganer Produkte in Bioqualität ein.

Um das Label zu erhalten, müssen die Produkte ausschließlich aus pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt sein. Sie dürfen nur ohne technische Hilfsstoffe aus tierischen Organismen produziert werden. Unternehmen, die sowohl vegane als auch tierische Lebensmittel herstellen, müssen bei der Produktion eine räumliche und zeitliche Trennung gewährleisten und die Lebensmittel später auch getrennt lagern. Es werden nur Produkte gekennzeichnet, die bereits mit einem gültigen EU-Bio-Label zertifiziert sind. Das Label wird immer nur für ein Jahr vergeben, dann finden neue Überprüfungen statt.

Das Fairtrade-Siegel

Das Logo ist keine explizit vegane Kennzeichnung, jedoch auf vielen veganen Produkten zu finden. Es verweist auf Waren, deren Zutaten zu 100 Prozent aus fairem Handel stammen und bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische ökonomische Kriterien eingehalten wurden. Das Sozialsiegel soll sicherstellen, dass Kleinbauern und Kleinbäuerinnen einen garantiert kostendeckenden Preis für ihre Waren erhalten. Bestimmte Pestizide sind verboten, ökologische Landwirtschaft wird belohnt.

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Das Problem mit den Zutaten

„Wer absichtlich keine Tierprodukte kauft, möchte auch unabsichtlich keine kaufen“, kritisiert die Tierschutzorganisation Peta. Dahinter steckt dieses Problem: Vegane Lebensmittel können versteckt tierische Inhaltsstoffe enthalten, die sich nicht ohne weiteres anhand der Zutatenliste erkennen lassen. So müssen Hersteller bei Zusatzstoffen, Aromen und Vitaminzusätzen bisher nicht angeben, ob sie tierischen Ursprungs sind. Hier hilft oft nur eine Liste der E-Nummern oder ein Anruf beim Hersteller weiter.

Andere Zutaten wie etwa Lösungsmittel und Trägerstoffe für Zusatzstoffe, Aromen und Vitamine oder Verarbeitungshilfsstoffe müssen nicht zwingend im Zutatenverzeichnis aufgeführt werden – sie können jedoch tierischen Ursprungs sein.

Eine Übersicht über Zusatzstoffe, die tierischen Ursprungs sein können, haben die Verbraucherzentralen auf dieser Seite des Informationsportals Lebensmittelklarheit.de veröffentlicht.

Auf diese E-Nummern sollten Veganer achten

Dass Fruchtgummi mit Gelatine aus Schweineschwarte hergestellt sein kann, wissen die meisten Veganer. In der Liste der Inhaltsstoffe sollten sie jedoch auch nach dem Kürzel "E120" Ausschau halten. Dahinter versteckt sich der rote Farbstoff Echtes Karmin, der aus der Schildlaus gewonnen wird. Auch in Konfitüren und Fruchtzubereitungen kann E120 enthalten sein.

Schokolade oder damit überzogene Gebäckstücke glänzen, wenn Schellack (E904) verwendet wird. Das Überzugsmittel wird aus Lackschildläusen gewonnen. Auch Bienenwachs (E901) kann zu diesem Zweck Verwendung finden.

Bei Backwaren wie Brot oder Brötchen kann der Zusatzstoff L-Cystein verarbeitet werden, er macht den Teig leichter knetbar. Es handelt sich dabei um eine Aminosäure, die aus Schweineborsten oder Vogelfedern hergestellt wird. Dieser Zusatzstoff trägt das Kürzel E920 – erkennbar ist das allerdings nur bei verpackten Backwaren.

Bei veganen Säften oder Weinen wird oft Gelatine aus dem Bindegewebe von Tieren verwendet, um die Flüssigkeit zu klären. Bei Weinen kann dafür auch die Schwimmblase vom Stör benutzt werden. Da in beiden Fällen die Hilfsstoffe wieder entfernt werden, müssen sie nicht auf den Produkten deklariert werden. Auch hier gilt: Im Zweifel bleibt nur die Nachfrage beim Hersteller.

Verbraucherschützer fordern verbindliche Kennzeichnung

Mehr Klarheit in der Kennzeichnung veganer Lebensmittel fordern Verbraucherschützer, darunter auch die Organisation Foodwatch. „Die Leitsätze sind ein guter Anfang“, sagt Expertin van Thiel, „aber wir als Verbraucherzentrale wünschen uns eine Rechtsverankerung der Begriffe vegan und vegetarisch sowie klare Angaben auf der Vorderseite der Produktverpackung, dass es sich um ein veganes oder vegetarisches Lebensmittel handelt.“ Ausgedachte Fantasienamen für diese Produkte könnten Verbraucher verwirren.

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